REVENGE OF A DAUGHTER, 2017

In dem Video „Revenge of a daughter“ zwingt mich die Stimme von Maria Callas – in der Rolle der Medea in Luigi Cherubinis gleichnamiger Oper – in den Dialog mit ihr zu treten. Zu hören sind Töne und einzelne Worte, zusammengeschnitten aus den beiden Arien „E que? Io son Medea“ und „Numi venite a me, inferni dei“. Der Wettstreit kann jedoch nur misslingen, meine Stimme bricht teilweise weg und hält der Stimmgewalt der Callas nicht stand. Die Sehnsucht auch nur einen einzigen Ton so singen zu können, wie sie, erfüllt sich nicht.

Ich flüchte mich ins Schweigen und ’stopfe mir das Maul‘ mit der üppigen Schmuckdekoration aus Schokomünzen, die Assoziationen zum Goldenen Vlies der Medea/Jason Geschichte und zum Schmuck, den Maria Callas als Medea in Pasolinis gleichnamigen Film trägt, in sich birgt. Das obsessive Verschlingen ufert zu einem oral erotisch anmutenden Akt aus. Der nachfolgende Tanz meiner Füße zu einem Funky-Rhythmus, der dem langen Gesangston der Callas unterlegt ist, löst die vorherigen Anstrengungen auf.

Nur zu Beginn schaue ich direkt in die Kamera, dann geht der Blick knapp daran vorbei auf den Wiedergabemonitor und es scheint ein narzisstischer Monolog auf, der – als closed circuit – sich selbst kontrollierend dem Betrachter verweigert.

Die griechisch-amerikanische Opernsängerin Maria Callas hatte in der Rolle der Medea Cherubinis unter Leonard Bernstein 1953 ihren Durchbruch an der Mailänder Scala. Ihr Gesang polarisierte die Musikszene jener Zeit mit ihrer emotional aufgeladenen Interpretation. Mit eigenwilliger, suggestiver Stimme und starker Dramatik im Schauspiel lieferte sie sich dieser tragischen Frauenrolle aus. „Der Zuhörer hat dabei das Gefühl einem fast unerlaubten exhibitionistischen Akt beizuwohnen“(J. M. Fischer). Bernstein schrieb in seinen Memoiren „Man war wie von Sinnen“. Diese Selbstermächtigung und Selbstpräsentation der Callas, sich auf diese Weise öffentlich offensiv sichtbar und hörbar zu machen, war – und ist es oft immer noch – ein Abweichen von weiblichen ‚Schicklichkeitsnormen‘.